Rentenversicherung: Grundlagen

Rentenversicherung: Grundlagen
Rentenversicherung: Grundlagen
 
Die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) ist ein wichtiger Teil der sozialen Sicherung in Deutschland. Im Jahr 1997 stellte die GRV mit knapp einem Drittel den größten Posten im Sozialbudget dar.
 
 Leistungen
 
Aufgabe der GRV ist zum einen die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der Versicherten, z. B.durch Rehabilitationsleistungen; weitere Leistungen erfolgen an Hinterbliebene (verwitwete Ehepartner und Waisen) sowie an Alleinerziehende. Der weitaus größte Teil der Leistungen dient jedoch doch dem Ersatz ausgefallenen Arbeitseinkommens, und umfasst Renten- und Altersruhegelder. Als zweite und dritte Säule der Alterssicherung stehen neben der GRV die betriebliche und die private Altersvorsorge. Den »Löwenanteil« am Einkommen von Haushalten, deren Haushaltungsvorstand über 65 Jahre alt ist, trägt mit 85 % die GRV. Kennzeichen der GRV ist eine Zwangsmitgliedschaft für alle Arbeitnehmer; ausgenommen sind Selbstständige, die allerdings eine Aufnahme beantragen können. Für Beamte existiert eine separate, aus öffentlichen Kassen finanzierte Altersversorgung. Die Finanzierung der GRV erfolgt im Umlageverfahren (»Generationenvertrag«); die erwerbstätige Generation trägt zur Finanzierung der Älteren bei. Prinzipiell werden alle laufenden Ausgaben, also die Versicherungsleistungen, durch die laufenden Einnahmen, also die Beiträge, gedeckt. Ein regelmäßiger Bundeszuschuss ergänzt die Beitragseinnahmen. Der Beitragssatz für 1999 betrug 19,5 % des Bruttoarbeitsentgelts, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte tragen.
 
 Flexibler Eintritt in den Ruhestand
 
Die Berechnung der Rentenzahlungen im Alter richtet sich gemäß dem Rentenreform-Gesetz (RRG) von 1992 (sechstes Buch des Sozialgesetzbuchs) nach zwei Faktoren: den persönlichen Entgeltpunkten unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors sowie dem aktuellen Rentenwert. Der von der alten Bundesregierung geplante demographische Faktor in der Formel sollte die Rentenanpassung verlangsamen, und zwar unter Berücksichtigung des Anstiegs der durchschnittlichen Lebenserwartung. Der aktuelle Rentenwert koppelt die Rentenzahlungen an die Entwicklung des durchschnittlichen Nettoarbeitseinkommens. Eine stärkere Belastung der Arbeitnehmer durch steigende Sozialabgaben reduziert so die Wachstumsrate der Rentenzahlungen und soll den Abstand zwischen Renten- und Arbeitseinkommen bewahren. Die Zahl der Entgeltpunkte orientiert sich an der Höhe der geleisteten Beiträge und der Zahl der Beitragsmonate. Damit wird eine Leistungsbezogenheit der Rente angestrebt. Der Zugangsfaktor reduziert die Rentenhöhe bei Renteneintritt vor dem gesetzlichen Regelrentenalter und erhöht ihn entsprechend bei späterem Eintritt.
 
 Kapitaldeckungs- versus Umlageverfahren
 
Die deutsche Bevölkerungsstruktur wandelt sich derzeit gewaltig. Während 1995 noch 57 Rentner durch 100 Arbeitnehmer »finanziert« wurden, können es im Jahr 2035 schon über 100 Rentner sein. Dies ist das Resultat einer seit dem »Babyboom« Mitte der 60er-Jahre rückläufigen Geburtenrate bei gleichzeitig immer höherer Lebenserwartung. Finanzielle Probleme der GRV sind voraussehbar. Um der zunehmenden Disproportion Rentner/Arbeitnehmer gerecht zu werden, müssen entweder die Rentenzahlungen gekürzt bzw. das Rentenalter oder die Beiträge erhöht werden. Unter sonst gleichen demographischen Bedingungen wird ein notwendiger Rentenbeitragssatz von 25 % bis 35 % prognostiziert. Neben dem demographischen Faktor wird als weitere (grundlegende) Reformoption der Umstieg vom Umlage- auf ein Kapitaldeckungsverfahren diskutiert. Die Idee ist, dass individuell für das Alter angespart wird. Der Vorteil gegenüber dem Umlageverfahren besteht darin, dass die Ersparnisse produktiv angelegt werden. Über verstärkte Investitionstätigkeit erhöht sich das Wachstum, womit insgesamt ein größeres Bruttosozialprodukt zur Verteilung verwendet werden kann. Im Umlageverfahren dagegen dienen die Ersparnisse primär dem Konsum. Von jedem über Beiträge eingenommenen Betrag geht ein mehr oder weniger großer Anteil in den Konsum, während Ersparnisse die Bildung von Produktivkapital anregen. Durch ein reines Kapitaldeckungsverfahren ließe sich unter der Annahme internationaler Anlage der Ersparnisse vergleichsweise höheres Wachstum der Volkswirtschaft erzielen. Zudem steigt die individuelle Freiheit in der Anlageentscheidung. Nachteil des Kapitaldeckungsverfahrens ist, dass bei einer Umstellung zum heutigen Tage die jetzt in Rente gehende Generation noch zu wenig individuell für das Alter angespart hätte, da sie auf die Fortsetzung des Umlageverfahrens vertraut hat. Die Konsequenz daraus ist, dass die jetzt arbeitende Generation doppelt belastet werden würde: Zum einen müsste sie privat ihre eigene Altersvorsorge betreiben, zum anderen aber z. B.über erhöhte Steuern statt über Sozialversicherungsbeiträge die Generation der Rentner »mitfinanzieren«. Problematisch ist schließlich, dass hohe private Ersparnisse einen Machtmissbrauch durch Kapitalanlagegesellschaften ermöglichen.

Universal-Lexikon. 2012.

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